Am Haarez - Landvolk

Posted 6 yrs ago

seite 366Am Haarez, Landvolk. Untere Volksklasse, der Gesetz und Kultur wi­derstrebende Teil des jüd. Volkes in Pa­lästina (von zoo v. bis 400 n.), der in seiner jedem Aufschwunge feindlichen Abschließung immer mehr sittlich ver­fiel und so sich zu einem die bessere Volksklasse schädigenden Element ent­wickelte. Hyrkan I. ließ zur Regelung der Ablieferung der Zehnten und der Hebe von den Bodenprodukten Paläs­tinas eine Landesvisitation anstellen, welche ergab, dass nur die Hebe, Ther­uma, aber nicht die Zehnten abgegeben wurden. Man kam überein, die Früchte der Landleute als zweifelhaft verzehnt, dmai, zu halten mit Ausnahme der von denjenigen, die sich über ihre Glaub­haftigkeit ausweisen konnten. Dieser Ausweis geschah entweder durch völ­ligen Eintritt in den sich nun bildenden »Bund der Genossen«, Chaberbund oder nur durch Anlehnung an ihn als Neeman, Beglaubigter fliesen innsbruck. Das Landvolk, das sich nicht demselben anschloss und sich nicht seinen Anordnungen, betref­fend die Aussonderung und Abliefe­rung der heiligen Abgaben von den Bodenprodukten und die Beobachtung der levitischen Reinheit, fügte, wurde als »Am-Haarez«, zum Landvolk gehö­rig erklärt, dem man jede Glaubhaftigkeit in Bezug auf Verzehnten und Beob­achtung der levitischen Reinheitsgesetze absprach. So war die unselige Teilung des jüdischen Volkes in zwei Gruppen: in Am-Haarez, Landvolk, und Chabe­rim, Genossen, da, die sich immer wei­ter voneinander trennten, bis die Kluft zwischen beiden unausfüllbar wurde und sie sich mit einem unversöhnlichen Hass gegenüber standen. Die Verord­nungen der Gesetzeslehrer gegen diesen widerstrebenden Volksteil, Am-Haa­rez, hatten jedoch nur einen defensiven Charakter, sich vor unbewussten Ge­setzesübertretungen zu schützen und waren: a. die Früchte desselben, wie schon erwähnt, für zweifelhaft ver­zehnt, dmai, anzusehen; b. ihm keine trockenen und flüssigen Speisen zu ver­kaufen aus Besorgnis, er möchte sie verunreinigen; c. nicht bei ihm oder mit ihm zu speisen, nicht ihn in seinen Kleidern als Gast aufzunehmen; d. ihm keine Zehnten und keine Hebe anzu­vertrauen sowie nichts in seiner Gegen­wart vorzunehmen, was die Beobach­tung der Reinheitsgesetze nötig machte hanfsamen kaufen tirol. Die Tochter, die Witwe und der Sklave eines Am-Haarez, wenn sie sich mit einem Chaber verheiratete oder zu ihm in Dienst trat, müssen sich erst in den Chaberbund aufnehmen lassen. Wie sich diese Scheidung beiderseits all­mählich vollzogen und von welchen verhängnisvollen Folgen sie geleitet war, darüber geben uns die Aussprüche der Lehrer verschiedener Zeiten Auf­schluss. R. Elieser ben Hyrkanosos (im 1. Jahrh. n.) schließt die Schilderung seiner Zeit mit den Worten: »Vom Tage der Zerstörung des Tempels verfällt das Landvolk immer mehr, niemand sucht und verlangt nach Religion; un­sere Stütze ist nur der Vater im Him­mel! « In Verbindung mit anderen Leh­rern charakterisiert er den Am-Haarez in einer Weise, die schon über dessen erste Renitenz weit hinausgeht. »Wer ist ein Am-Haarez? Derjenige«, ant­wortet R. Elieser, »der nicht morgens und abends das Schema-Gebet verrich­tet.« R. Josua bemerkt dazu: »Wer nicht Tephilin legt.« Ben Asai: »Wer seine Schaufäden am Gewande hat. « Man sieht, dass die Widersetzlichkeit dieser Volksklasse im z. Jahrh. n. sich schon auf die Nichtbeobachtung ande­rer Gesetze erstreckte. In weltlichem Verkehr war diese Kluft noch viel grö­ßer, die Erbitterung des Am-Haarez ar­tete in Feindseligkeit aus. R. Akiba er­zählt: »Zur Zeit, da ich Am-Haarez war, sprach ich: Käme mir ein Gelehr­ter in die Hände, ich bisse ihn wie ein Esel.« Doch glaube man nicht, dass es an Versöhnungsversuchen von Seiten der Gesetzeslehrer gefehlt habe marihuana anbauen. Man hat mehrere Bestimmungen zu Guns­ten dieser Volksklasse erlassen. R. Gamliel II. (im z. Jahrh.) tritt für sie gegen R. Josua auf: Man habe von einem Am-Haarez nicht zu befürchten, er mache die Erstgeburten des Viehes, um sie für sich zu behalten, fehlerhaft. Dieser edle Patriarch ging in seinen Versöhnungsversuchen so weit, dass er seine Tochter mit einem Am-Haarez verheiratete. Nichtsdestoweniger kam die Wiedervereinigung zu Stande, die Trennung war schon zu weit, die ge­genseitige Annäherung konnte nur von kurzer Dauer sein. In den Aussprüchen der Lehrer des 2. Jahrh. n. bemerken wir die feindliche Erbitterung auf bei­den Seiten, nicht bloß bei dem Am­Haarez, sondern auch bei dem Ge­lehrten. Es war nach dem barkoch­baischen Aufstande, die Römer erließen die härtesten Verfolgungsedikte gegen das Judentum und brauchten zu ihrer Durchführung der jüdischen Helfers­helfer; es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich dieser dem Gelehrtenstande feindliche Volksteil als Angeber und Verräter brauchen ließ und großes Un­heil über die Juden heraufbeschwor. Ich beziehe hierher den Ausspruch eines Lehrers dieser Zeit: »Keine Strafe der Welt, die nicht in Folge des Am­Haarez eintritt.« Ein anderer Lehrer, R. Chia (im 2. Jahrh. n.), klagt: »Grö­ßer ist der Hass des Am-Haarez gegen den Gelehrten als der Hass der Heiden gegen Israel, die Frauen desselben über­treffen beide.« »wenn du«, bemerkt ein anderer, »dem Am-Haarez zurufst: >Das Deinige ist unrein!«, behauptet er: »Nein, das Deinige ist unrein.« Ein Dritter schildert ihn: »Wer da sagt, das Meinige gehört mir, aber auch das Dei­nige ist mein, der ist ein Am-Haarez.« Strengere Maßregeln gegen den Am­Haarez, die fast seiner Ausschließung aus dem Judentume gleich kamen, waren die traurigen Folgen dieses feind­lichen Verhaltens. R. Mair rät, in keine Eheverbindung mit dem Am-Haarez einzugehen. Eine spätere Braitha erhebt diesen Vorschlag zu einem völligen Verbot. R. Elasar und R. Jochanan (im 2. Jahrh.), diese sonst erleuchteten Männer, verzweifeln an einer mög­lichen Hebung dieser so sehr sittlich verkommenen und dem Judentum äu­ßerst gefährlichen Volksklasse und möchten ihren Untergang. Es werden mehrere Gesetze gegen den Am-Haarez beschlossen: ihm, wenn er ein Aaronide ist, keine Hebe und überhaupt keine Priestergaben abzuliefern; den Gelehr­ten, wenn auch befleckter Abstammung, dem Am-Haarez-Aaroniden vorzu­ziehen; keine Zeugenaussage von ihm anzunehmen, ihm kein Geheimnis an­zuvertrauen, ihn nicht zum Vormund über Waisen zu ernennen, oder zum Verwalter der Almosenbüchse zu ma­chen, sich ihm nicht auf der Reise anzu­schließen usw. Diese letzten Bestimmun­gen geben deutlich an, was man von dem Am-Haarez zu befürchten hatte. Doch erheben sich auch in dieser Zeit für ihn günstige Stimmen. R. Jose ist ge­gen solche Ausschließungen und will, dass jeder Israelit, auch der Am-Haarez, über die Reinheit des Weines und Öls glaubhaft sein soll. Noch im 4. Jahrh. n. beruft sich ein Gesetzeslehrer in Babylo­nien, Rab Papa, auf diesen Ausspruch und hält jede Zeugenaussage eines Am­Haarez für rechtskräftig. Ein anderer, R. Jonathan im 2. Jahrh.) versteht R. Juda I. dahin zu bringen, dass er von seinem Grundsatze, keinem Am-Haa­rez Almosen zu reichen, absteht und in einem Hungerjahre auch für diese Volksklasse seinen Speicher zur Vertei­lung öffnen lässt. Eine andere Lehre von demselben ist: »Wer den Sohn eines Am-Haarez in der Thora unter­richtet, dem werden die über ihn be­schlossenen Verhängnisse vernichtet.« Ein älterer Lehrer, R. Juda ben Ilai, meint, dass die Sünden des Am-Haarez wegen seiner Unwissenheit nicht so hoch zu rechnen seien als die des Ge­lehrten. Im 4. Jahrh. n. ist es Raba, der gegen den Ausspruch R. Jocha­nans, dass man die Lehrer »durch das Schema-Gebet am Morgen und Abend komme der Israelit vollends seiner Pflicht, Tag und Nacht das Gesetz zu studierenm, nach«, dem Am-Haarez verschweige, bemerkt: »Im Gegenteil, verkündet sie ihm immerhin, damit er den Eintritt zu uns nicht schwer halte«. Im Allgemeinen nahm man auf ihn in den Lehrvorträgen Rücksicht und mahnte mit Nachdruck, sich dessen Kindern anzunehmen: »Beachtet die Kinder des Am-Haarez, denn von ih­nen geht die Thora aus.«