Synagoge Versammlungshaus

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aram. Versammlungs­haus.

I. Name, Entstehung, Würdigung und weitere Geschichte. Der Name »Synagoge« ist griechisch und war bei den griechisch redenden Juden in Alex­andrien, Palästina, in den Städten Klei­nasiens und Griechenlands, besonders in Rom üblich. Derselbe bedeutet »Ver­sammlung«, »Versammlungsort« und entspricht vollständig der dafür in den Targumim und in den Talmuden vor­kommenden aramäischen Benennung: »Khenischta«, »Versammlung« oder deutlicher: .Be Khenischta«, »Ver­sammlungshaus«, von dem sich das neuhebräische: » Kneseth «, Versamm­lung, deutlicher: »Beth Hakneseth«, »Versammlungshaus«, gebildet hat. Die hebräischen biblischen Namen für »Gotteshaus« sind: »Haus des Ge­betes«; »Beth Tephila«; »Haus des Ewi­gen«; »Haus Gottes«; »Heiligtum«; »Haus des Heiligtums« u. a. m., die jedoch nur den Tempel in Jerusalem be­zeichnen, aber übertragen auch als Be­nennung für »Synagoge« vorkommen. Die Synagoge als Stätte der Gottesver­ehrung durch Gebet und Lehre ohne den Opferdienst ist eine nachbiblische Institution, die jedoch ihrem Wesen nach in die exilische Zeit hinaufreicht. Der Name »Synagoge«, aramäisch »Khenischta« heißt »Versammlung«, nämlich Versammlung zur gemein­samen Andacht und religiösen Beleh­rung. Solche Versammlungen fanden in der exilischen Zeit statt. Man versam­melte sich an Fest- und Fasttagen in Babylonien sowie später in Palästina bei dem Propheten, hörte dessen Reden an, betete und fastete. Es bildeten sich religiöse Vereine zu Gebet und Beleh­rung. Man hielt Gottesdienst ohne Tempel und Altar, ohne Priester und Opfer; es waren die ersten Anfänge der Synagoge, des synagogalen Gottes­dienstes, der auch nach dem Wieder­aufzuge der Israeliten aus den babylo­nischen Ländern nach Palästina unter Esra und Nehemia und nach Wiederer­bauung des Tempels in Jerusalem aus Israels Mitte nicht nur nicht schwand, sondern sich noch befestigte und sich weiter entwickelte. Gebet und Lehre, die Grundlage des wieder erstandenen Tempelkultus in Jerusalem. Esra er­kannte für die Regeneration des Juden­tums kein besseres Mittel als die Volks­belehrung durch das göttliche Wort; er führte die Vorlesung aus der Thora vor dem versammelten Volk ein. Dieser schlossen sich Gebete an. So hatte der wiedereingeführte Tempelgottesdienst den im Exil sich gebildeten synagoga­len Gottesdienst nicht verdrängt; er blieb neben ihm bestehen und bildete sich weiter aus. Der Tempel selbst musste eine Halle, die Quaderhalle, zur Synagoge hergeben; es wurde in dersel­ben gebetet und gelehrt. Und als der Tempel wieder zerstört wurde und sein Opferdienst aufgehört hatte, war es die Synagoge, welcher die große Aufgabe geworden, der Mittelpunkt des religi­ösen Lebens des jüdischen Volkes zu werden. Da sammelten sich seine zer­sprengten und zerstreuten Reste zu einem Ganzen zusammen, um mit und in seinem Gott zu erstarken, fortzule­ben und weiter zu wirken. Es ist daher kein Wunder, wenn die Agada und die alten Übersetzungen der Synagoge ein höheres Alter vindizieren und sie neben dem Lehrhaus als die schönste Institu­tion des Judentums feiern, die für des­sen Erhaltung unentbehrlich geworden. »Die Synagoge«, heißt es in den Targu­mim, »ist nächst dem Tempel das zweite Heiligtum.« Ähnlich bezeichnen die Volks- und Gesetzeslehrer im Tal­mud die Synagoge als den Tempel zweiten Ranges. »Und ich werde ihnen sein zum kleinen Heiligtum (Ezechiel 11.16.), das sind«, lehrte R. Jizchak« (im 3. Jahrh. n.), die Synagogen und Lehrhäuser in Babylonien.« »Eine Zu­flucht warst du uns von Geschlecht zu Geschlecht (Psalm 90. 2.), das sind«, lehrte Raba (im 4. Jahrh. n.), »die Synagogen und die Lehrhäuser.« »Lasset uns aufstehen zu den Weinbergen (Hohld. 7. 13.); das bezieht sich auf die Synagogen und Lehrhäuser«, war die Lehre eines Dritten. »Noch bleibt ein Rest unserem Gott (Sach. 9. 7.), darun­ter«, lehrte ein Vierter, »sind die Syna­gogen und Lehrhäuser gemeint.« »Las­set uns sehen, ob der Weinstock blüht (Hohld. 6. 11.), das«, heißt es ferner, »erinnert an die Synagoge und das Lehrhaus. « So erhoben sich Synagogen in allen Ländern und Städten, wo Isra­eliten sich ansiedelten. Es waren Syna­gogen während des zweiten Staatsle­bens und nach demselben in Palästina: auf den Dörfern und in den Städten, in Jerusalem, in der Quaderhalle des Tem­pels und in allen Teilen, Straßen und Vorstädten daselbst in großer Zahl. Ein jedes Gewerbe hatte seine eigene Synagoge, wo sie sich zusammenfan­den; ebenso jede Landsmannschaft der verschiedenen Länder, von denen die Synagoge der Cyrener, der Alexandri­ner, der Afrikaner u. a. m. genannt wer­den. Von anderen Städten werden Syn­agogen namhaft gemacht, die von Lydda, die mit großem Luxus ausge­stattet war; die von Tiberias, deren es daselbst dreizehn gab und Cäsarea, wo eine den Namen Aufruhrssynagoge führte, weil in ihr der Aufstand gegen die Römer begonnen hatte; die von Nazaret, Kapernaum, u. a. m. Von den Synagogen der anderen Länder werden besonders rühmlich hervorgehoben, die zu Alexandrien, Antiochien, Damaskus und Rom; ferner die von Antio­chia in Pisidien, Thessalonick, Jkonium, Ephesus, Beroe, Korinth, Athen. In Ba­bylonien waren sehr alte Synagogen in Nehardea, deren Gründung auf den König Jechonja zurückgeführt wird, Huzal, Mata Mechasja u. a. m. In Baby­lonien wurde die Synagoge gezeigt, in der Daniel gebetet haben soll und Jose­phus spricht von Synagogen zur Zeit der Makkabäer und der makkabäische Psalm 74. klagt im V. 8. »Sie haben nie­dergebrannt alle Versammlungsstätten Gottes..

II. Bau und innere Einrichtung. Zum Bau einer Synagoge konnten die jüdi­schen Ortseinwohner gezwungen wer­den. Der Bau soll auf einer erhöhten Stelle ausgeführt werden, sodass die Synagoge über alle Häuser der Stadt hervorrage und darf nach seiner Voll­endung nicht eher niedergerissen wer­den, bis eine andere Synagoge da ist. So baute man Synagogen auf Anhöhen, an Straßenecken, Torwegen mit Bezie­hung auf Spr. Sal. 1. 20. 21.; ferner au­ßerhalb der Stadt an fließenden Gewäs­sern, auch auf freiem Feld. Für den Bau der Synagogen auf Anhöhen eiferten besonders die Gesetzeslehrer des 3. und 5. Jahrh. n. in Babylonien. Rabh (im 3. Jahrh.) prophezeit den Städten ihren Untergang, deren Häuser das Gotteshaus überragen (Sabbath 11a): Dagegen glaubt Rab Aschi die Stadt Sura sei davor bewahrt, weil ihre Syna­gogen hoch über die Häuser hervorra­gen. (Das.)a. Innerer Raum. Der innere Raum der Synagoge wurde nach dem Abriss des Tempels zu Jerusalem in drei Abtei­lungen geschieden. Der erste Raum von der Tür ab entsprach dem Vorhof des Tempels, der Sammelstätte für das Volk und wurde auch hier für die Syn­agogenbesucher, für die Beter, be­stimmt; es war die erste Abteilung. Die Zweite bildete der mittlere Raum, eine Erhöhung mit dem Pult, Tisch, wo der Vorbeter beim Vorbeten seinen Stand hatte und wo die Vorlesungen aus der Thora stattfanden; ähnlich dem inne­ren Raum des Tempels, Hechal, wo der Altar, der Tisch mit den Schaubroten, die Leuchter u. a. m. standen. Die dritte Abteilung endlich war, gleich dem drit­ten Raum des Tempels, dem Allerhei­ligsten, der die Bundeslade, die Kheru­bim u. a. m. aufnahm, die Stätte der heiligen Lade, welche die Thorarollen, die Pentateuchrollen, bewahrte und die, ähnlich dem Allerheiligsten im Tempel, durch einen Vorhang von dem zweiten Raum geschieden wird.

b. Die Ostseite. Die Ausführung des Baues geschah so, dass der Eingang an der Westseite gegen Osten hinkam, auch dass der dritte Raum mit der hei­ligen Lade, den Gesetzrollen und dem Vorhang die Ostseite einnahm, der die Beter ihr Gesicht während der Andacht zuwenden. Diese Verordnung war für die jüdischen Bewohner der Länder, die westlich von Jerusalem lagen, da­mit sie ihre Richtung während des Ge­betes gegen Jerusalem nehmen. Dage­gen wendeten die Juden in Jerusalem und Palästina ihr Gesicht beim Beten nach Westen hin, weil auf dieser Seite das Allerheiligste war. Die Bestimmun­gen darüber lauteten: »Befindet man sich außerhalb Palästinas, wende man sich Palästina zu; in Palästina nach Je­rusalem hin; in Jerusalem, gegen den Tempel, im Tempel gegen das Allerhei­ligste. « Ein anderer Lehrer weist auf den Bericht von Daniel hin, dass er im Beten sein Gesicht Jerusalem zuwandte. Diese Bestimmungen stießen jedoch auch auf Opposition. Der Lehrer R. Abin bemerkt, dass diese Rücksicht ge­gen Jerusalem und den Tempel nur für die Zeit des Bestandes des Tempels Geltung haben könne. Ein Lehrer aus früherer Zeit, R. Ismael (im z. Jahrh.), so wie ein Lehrer des 3. Jahrh., R. Oschaja, lehren: »Die Gottheit ist überall.. Endlich verbietet ein Lehrer des 4. Jahrh. n., R. Scheschet, ganz und gar, im Gebet sein Gesicht nach Osten zu wenden, weil dies die Sitte der Minder (Sektierer) sei. Nichtsdestowe­niger erklären sich wieder andere Leh­rer, an obige Bestimmungen festzuhal­ten. R. Abbahu, der in Palästina wohnte, behauptete gegen alle anderen, dass die Gottheit, Schechina, im Wes­ten, d. h. auf der Seite des Allerheiligs­ten, weile. R. Josua ben Levi dankt den Lehrern, welche die Weltgegend be­stimmten, der man sich beim Gebet zu­wenden soll und R. Abin und andere suchen neue Begründungen für diesen Brauch auf.

c. Die Anhöhe, Bima, das Almemar, der Betpult. Ein zweiter Gegenstand, den wir zu erwähnen haben, betrifft die Herstellung einer Anhöhe, des so ge­nannten Almemars, der im Talmud ge­nannten »Bima«, Anhöhe, für die Tho­ravorlesungen, die Verrichtung der Gebete u. a. m. Von den sehr großen Synagogen, als z. B. von der Basilika in Alexandrien, wird berichtet, dass die­selbe in der Mitte stand, damit die Thoravorlesung und der Prediger in al­len Räumen gehört und der Synago­gendiener mit seiner Fahne, mit der er dem Volk nach allen Seiten hin das Zeichen gab, um in das »Amen« einzu­fallen, daselbst gesehen werde. Ob auch in den kleineren Synagogen diese Anhöhe in der Mitte ihren Platz hatte, darüber kommt im talmudischen Schrifttum nichts vor. Maimonides (im 12. Jahrh. n.) Tephilla 11. 3. bestimmt den Platz der Bima in der Synagoge in der Mitte nach dem Muster der ge­nannten großen Synagoge Alexandri­ens. Aber schon sein Kommentator Joseph Karo (gest. 1575) nennt Syna­gogen, welche diese Anhöhe nicht in der Mitte, sondern am äußersten Ende oben haben und schließt mit den Wor­ten, dass die Bestimmung des Standes der Anhöhe, Bima, in der Mitte der Synagoge auf keiner gesetzlichen Pflicht basiert und je nach Zeit und Verhält­nissen geändert werden könne. In rich­tiger Konsequenz dieser Angabe hat er in seinem Schulchan Aruch dafür keine Bestimmung aufgestellt und überließ diese Angelegenheit dem Ermessen der Gemeinden. Aber auch gegen ihn er­hob sich R. Moses Iserles in Krakau (gest. 1573) und bestimmte nach Mai­monides den Ort für die Bima in der Mitte. In neuester Zeit hat sich der überwiegende Teil der Gemeinden in Deutschland, Österreich, Ungarn, Eng­land, Frankreich u. a. m. für die Anga­ben des Joseph Karo entschieden; der Stand der Bima, des Almemars, ist nicht in der Mitte, sondern oben. Dass auch in der talmudischen Zeit in den Synagogen das Almemar, die Stätte zum Gebet und zur Thoravorlesung, nicht in der Mitte, sondern oben vor dem heiligen Schrein seinen Platz hatte, ersehen wir aus den Bezeichnungen: »Der Vorbeter stellte sich zum Gebet vor die Theba, den heiligen Schrein«, der bekanntlich nicht in der Mitte, sondern am äußersten Ende oben sei­nen Platz hatte.

d. Innere Einrichtung und Ausstat­tung. Im ersten Raum oben, der dem Allerheiligsten in der Stiftshütte und im Tempel entsprach, war die heilige Lade, aron hakodesch, theba, mit den Pentateuchrollen, den Thoras, gewöhn­lich schon in einer Nische in der Wand, vor der ein Vorhang hing, der diesen heiligen Raum von dem an ihn ansto­ßenden, dem zweiten, schied. In diesem zweiten Raum, ähnlich dem Hechal im Tempel, waren: 1. die Stufen, die zur heiligen Lade führten und die auch diePriester, Ahroniden, bestiegen, um hier den Priestersegen zu sprechen; 2. die ewige Lampe, dicht daran 3. die Kanzel für den Prediger, Darschan; 4. der Vor­beterpult, ein Tisch, bedeckt mit einer Decke, auf dem oder in seiner Nähe ein oder zwei mehrarmige Leuchter und der achtarmige Chanukaleuchter stan­den. Der dritte Raum, gleich dem Vor­hof des Tempels, war für die Anwesen­den, für das Volk, die Beter. Die Sitze derselben waren in erster Reihe der Ostseite entlang zu beiden Seiten. Vor der heiligen Lade waren die Sitze für die Schriftgelehrten und die Ältesten, die Vorsteher u. a. m., die mit ihrem Ge­sicht gegen das Volk saßen. Das Volk saß in dem dritten Raum reihenweise mit dem Gesicht zur Ostseite, den Ge­lehrten und den Ältesten auf den Sitzen an der Ostwand, zugewandt. 5. Verwal­tung und Beamte. Zu den Männern der Verwaltung und des Dienstes gehörten:

1. das Oberhaupt, Rosch hakne­seth, griechisch: Archisynagogus, dem das Kollegium der Vorsteher, der Ältes­ten, zur Seite stand, um mit ihnen über die Ordnung und die Zucht in der Syn­agoge zu wachen und die Schuldigen zu vermahnen oder über sie Strafen zu verhängen. Von dem Vorsteherkolle­gium werden welche als Almosen­sammler und Almosenverteiler, gabai zedaka, genannt.

2. der Abgesandte, Bote der Ge­meinde, scheliach zibbur, zu dessen Funktionen gehörten das Vorbeten und das Vorlesen aus der Thora, ebenso die Führung der Korrespondenz der Ge­meinde;

3. der Aufseher und der Diener der Synagoge, chasan hakneseth. In der Sy­nagoge des Tempels zu Jerusalem reichte der Chasan dem Hohenpriester die Thora, aus der er vorlas. Auch beim Opfer war er behilflich; er bewahrte die Pflanzenarten am Laubhüttenfest; be­gleitete Wallfahrer mit den Erstlings­früchten, fungierte als Gerichtsdiener und unterrichtete und beaufsichtigte die Schuljugend u. a. m. In den großen Städ­ten bestellte man auch zehn Männer, die ihren Unterhalt von der Gemeinde er­hielten und dafür die Pflicht übernah­men, stets beim Gottesdienst anwesend zu sein.

III. Zweck, Aufgabe und Hochhal­tung, Gesetze und Lehren. Obenan set­zen wir hier die Worte Philos über den Zweck der Synagoge. »Denn die jüdi­schen Bethäuser in den einzelnen Städ­ten sind ja nichts anderes als Lehr­anstalten der Klugheit, Tapferkeit, Mäßigkeit und Gerechtigkeit, der Barm­herzigkeit und Heiligkeit, kurz jeder Tu­gend, die Menschliches und Göttliches kennt und ordnet.. Der Zweck der Sy­nagoge war nach diesem Ausspruch, das Judentum, wie es in Lehre und Le­ben zum Ausdruck kommen soll, dem Gemüt seiner Besucher mahnend vor­zuführen. Die Synagoge war daher nicht bloß eine Stätte des Gebetes, son­dern auch die der Lehre; bezeichnend dafür ist die im Mittelalter für »Syna­goge gebrauchte deutsche Benennung: »Schul« oder »Schule«. In der Syna­goge wurde täglich Gottesdienst gehalten, gebetet und studiert, die Jugend unterrichtet, die Leiche eines gelehrten und ausgezeichneten Mannes zur Ab­haltung eines Trauergottesdienstes auf­gebahrt und Leichenreden gehalten; ferner wurden Gerichtssitzungen ver­anstaltet, die kalendarischen Bestim­mungen getroffen, Trauungen vollzo­gen, den Trauernden Trost gespendet u. a. m. Die Volks- und Gesetzeslehrer des zweiten und der folgenden Jahr­hunderte, als ihnen durch den verun­glückten barkochbaischen Aufstand jede Hoffnung auf die Wiedererbauung des Tempels genommen war, wendeten ihre volle Aufmerksamkeit der Pflege und der Erhaltung der Synagoge zu. Gleich dem Lehrer R. Jochanan b. S., den sie sich zu ihrem Vorbild aufstell­ten, der auf die Synagoge die Berechti­gung des Tempels zu Jerusalem in vie­len Sachen übertrug, drangen sie auf die Hochhaltung der Synagoge. Diesel­ben verboten in der Synagoge jede das Gotteshaus entehrende Handlung, als z. B. Lachen, Scherzen, Schwätzen, u. a. m. Mit Anstand und in Ruhe soll der Eintritt in das Gotteshaus und das Verlassen desselben sein. In das Gottes­haus gehe man rasch, aber beim Her­ausgehen langsam. Man verwies denen, die profan von der Synagoge sprachen, die Synagoge »Volkshaus« und die hei­lige Lade schlechtweg »Lade« nannten. Mit Nachdruck wurde gemahnt, nicht in der Synagoge zu essen oder zu trin­ken und mancher Gesetzeslehrer hielt es schon für eine Profanierung, in die Synagoge vor Regen oder Hitze seine Zuflucht zu nehmen. Nur die Synago­gen auf den Feldern, meist in Babylo­nien, machten hiervon eine Ausnahme; sie dienten zugleich für Fremde zur Herberge. Doch wird ausdrücklich be­merkt, dass dieselben nicht in dem in­neren Betraum sich aufhielten und schliefen, sondern in den Nebengemä­chern. Unermüdlich sind die Lehrer des 3. und 4. Jahrh. n. mit ihren Mahnun­gen zum fleißigen Besuch der Synagoge. So lehrte Abba Benjamin: »Das Gebet findet nur in der Synagoge seine Erhö­rung«; R. Simon ben Lakisch: »Wer eine Synagoge in der Stadt hat und die­selbe nicht zum Gebet aufsucht, wird >Böser Nachbar< genannt«; R. Josua ben Levi: »Besucht morgens und abends die Synagoge, damit euer Leben sich verlängere«; derselbe: »Stets beeile man sich, den ersten zehn Personen in der Synagoge anzugehören«; Rabh: »Gesegnet sei dein Kommen«, d.i., dein Haus sei in der Nähe der Syna­goge; R. Abbahu: »Sucht den Ewigen, so er sich finden lässt«, d.i. in der Sy­nagoge; »Wer da betet in der Synagoge, bringt gleichsam ein reines Mehlopfer dar« u. a. m. Diesem schließen wir hier noch einige agadische Lehren über die Aufgabe und die Bedeutung der Syna­goge. »Ich schlafe, aber mein Herz ist wach (Hohld. 5. 2.)«, so lautet der Gottesruf: »Ich schlafe in Bezug auf den Tempel, der zerstört ist, aber mein Herz ist wach für die Synagogen und die Lehrhäuser.« »Ich baue mir Häuser (Koheleth 2. 4.)«, das sind die Synago­gen und die Lehrhäuser; »Wasserbe­hälter (Daselbst)«, das sind die Lehr­vorträge in denselben; »Von ihnen zu tränken den Wald von frisch wachsen­den Bäumen (Das.)«, das sind die Kin­der, welche in den Synagogen lernen. »Ich komme in meinen Garten (Hohld. 5. 1.)«, das sind die Synagogen und die Lehrhäuser; »Meine Schwester, o Braut! (Das)«, das sind die Andächti­gen; »Ich pflücke Myrrhe und Ge­würze (Das.)«, das sind die Lehren der Bibel; »Ich genieße meinen Wald und meinen Honig und meine Milch (Das.)«, das sind die Aussprüche der Halacha und Agada; »Ich trinke mei­nen Wein und meine Milch (Das.)«, das sind die guten Werke; »Von diesen esset, Gesellen, trinket und berauschet euch, Freunde!«