Mussafgebet

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Zusatzgebet. Für den Gottesdienst an Shabbath-, Neumonds­und Festtagen bestimmte das mosai­sche Gesetz außer dem täglichen Mor­gen- und Abendopfer die Darbringung noch anderer Opfer, die der Bedeutung und der Heiligkeit des betreffenden Ta­ges entsprechen. Dieselben waren im Tempelgottesdienst unter dem Namen » Mussafopfer «, »Zusatzopfer«, be­kannt. Nach dem Aufhören des Opfer­kultus wurde in dem Synagogengottes­dienste an der Stelle des Mussafopfers ein Mussafgebet, »Zusatzgebet«, ein­geführt, das gleich diesem dem Mor­gengebet folgen soll. Beide, das Mussa­fopfer und das an dessen Stelle getretene Mussafgebet, haben das Gemeinsame, dass sie Akte sind, welche die Betäti­gung der Gesamtheit, die Teilnahme der ganzen Gemeinde an ihnen reprä­sentieren. In diesem Sinne wurde das Mussafgebet noch am Ende des ersten Jahrhunderts gehalten, sodass der Ge­setzeslehrer R. Elasar ben Asaria die Verrichtung des Mussafgebets nur durch die Gemeindevertretung, cheber ir, Stadtrepräsentanz, städtische Ge­nossenschaft haben will. »Das Gebet der Mussafim soll nur durch die Stadt­vertretung, städtische Genossenschaft, cheber ir, verrichtet werden«, lautet darüber seine Bestimmung. Noch im zweiten Jahrhundert wiederholt der Gesetzeslehrer R. Juda diese Bestim­mung mit dem Zusatz, dass, wo es eine Gemeindevertretung gibt, nur diese, aber nicht der Einzelne der Gemeinde, zur Verrichtung des Mussafgebets ver­pflichtet ist. Ebenso spricht sich im dritten Jahrhundert n. der Gesetzesleh­rer Samuel aus: »Nie betete ich das Mussafgebet in Nehardea als Einzelner (d.i. privatim) als nur an dem Tage, wo die Rabbanan (die Gemeindevertreter in Folge des Eintreffens eines Kriegs­heeres) von dem Abhalten des Mussaf­gebets behindert wurde; ich betete, weil die Gemeindevertretung nicht da war.« Auch im vierten Jahrhundert n. war es noch der Gesetzeslehrer Rab Jizchak ben Abdimi, der im Namen an­derer Gelehrten die Lehre des R. Juda nach dem Ausspruch des R. Elasar Sohn Asaria zum Gesetz erhoben hat. Doch haben sich die anderen Lehrer im dritten und vierten Jahrhundert, R. Ja­nai und R. Jochanan an ihrer Spitze, dagegen erklärt. »Das Mussafgebet darf mit oder ohne die Gemeindever­tretung verrichtet werden«, lautete die Gegenlehre der Chachamim, die später als Gesetz angenommen wurde. Hier­mit fiel obige Anordnung des R. Juda, dass der Einzelne von der Pflicht des Mussafgebets, wenn die Gemeindever­tretung da ist, befreit ist. Das Mussaf­gebet kann daher auch privatim und von Einzelnen, wenn auch die Gemein­devertretung da ist, verrichtet werden. Das Zweite, was an den Zusammen­hang des Mussafgebets mit dem Mus­safopfer erinnern soll, war die Bestim­mung der Zeit für dasselbe. Die Darbringung des Mussafopfers ge­schah bald nach dem täglichen Morge­nopfer, konnte jedoch bis zur siebenten Stunde der Tageszeit, d.i. bis 1 Uhr nachmittags, verschoben und bis Abend vollbracht werden. Mit Bezug darauf war auch die Zeitangabe für das Mussafgebet: Es soll gleich nach dem Morgengebet stattfinden, aber kann bis 1 Uhr nachmittags verscho­ben und zur Not den ganzen Tag ver­richtet werden. R. Jochanan nennt den, welcher ohne Grund die Verrichtung des Mussafgebets über die 7. Tages­stunde (1 Uhr nachm.) hinausschiebt, einen Gesetzesübertreter, wenn auch das Mussafgebet den ganzen Tag gebe­tet werden darf. In diesem Sinne lautet auch ein Ausspruch darüber von dem Lehrer R. Josua ben Levi. Sein Verhältnis zu dem ihm vorausgehenden Mor­gengebet und dem ihm folgenden Min­chagebet wird in Folgendem angegeben: »Hat man das Morgengebet noch nicht verrichtet und trifft im Gotteshause zum Mussafgebet ein, wenn keine Zeit mehr für beide ist, verrichte man das Morgengebet; ebenso ist in ähnlichem Falle das Minchagebet dem Mussafge­bet vorzuziehen.« Dieses Mussafgebet besteht aus drei Teilen: a) dem dasselbe einleitenden Psalm 145 mit dem Halb­kaddisch; b) dem eigentlichen Mussaf­gebet, der Schemone Esre und c) dem dasselbe beschließenden Gebetsstück. Der zweite Teil, die Mussaf-Schemone­Esre, hat je nach dem Feste verschie­dene Einschiebsel, worüber wir der Ausführlichkeit wegen auf den Artikel: »Schemone-Esre« verweisen.