Beruria

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Beruria. Frau des R. Mair, Tochter des Gesetzeslehrers R. Chanina b. Te­radjon (im z. Jahrh. n.), die in Folge ihrer seltenen Geistesgaben bei den größten Lehrern ihrer Zeit in hohem Ansehen stand. Ihre Gelehrsamkeit war so groß, dass man auch in der Ha­lacha auf ihre Aussprüche hörte. Sie erteilt den Gesetzesjüngern die leicht fassliche Methode des Halachastudi­ums und versteht witzig den berühmen R. Jose Haglili in einer Zurechtweisung zu demütigen, auch den R. Josua in einem Halachastreit dahin zu bringen, dass er ihr Recht gibt. Ebenso bedeu­tend finden wir sie auf dem Gebiete der Agada. Geschickt weiß sie in einer Un­terredung mit einem der Minin, Sektie­rer, wahrscheinlich Judenchristen, die spöttischen Angriffe auf das Judentum zurückzuweisen. Andererseits ist sie so voll des schonenden Mitgefühls auch gegen diese Abtrünnigen, so dass sie ihrem Manne, R. Mair, der wegen der von Seiten der Sektierer erlittenen Kränkungen über sie den Fluch aus­sprechen wollte, mahnend zurief: »Doch lieber für deren Besserung als für ihren Untergang zu beten.« Ebenso rühmte man sie als Gattin und Mutter, von der man als Beweis ihres friedli­chen Ehelebens folgende Geschichte erzählt: Am Shabbath nachmittags hielt R. Mair im Lehrhause einen Vor­trag, während der Zeit zu Hause seine zwei Söhne, beide von ungewöhnlicher Schönheit und Gelehrsamkeit, in Brun­nen fielen und starben. Die Frau wollte ihren Mann von dem plötzlichen Schre­cken dieses Unglückes verschonen, sie nahm die zwei Leichen, trug sie in ihr Schlafgemach, legte sie auf das Bett und deckte über sie ein weißes Tuch. R. Mair kam abends nach Hause und fragte, wie gewöhnlich, nach seinen zwei Söhnen. »Sie sind im Lehrhause«, antwortete sie. »Ich sah mich oft nach ihnen um und erblickte sie nicht,« er­widerte er. Beruria brachte den Becher mit Wein, damit der Mann den übli­chen Segen darüber spreche. »Wo sind meine Söhne?« wiederholte er. »Sie wer­den nicht fern sein«, antwortete sie. Er aß und ahnte nichts Böses. Erst später sprach sie: »Rabbi, eine Frage! Vor eini­ger Zeit gab mir jemand einen Schatz zur Aufbewahrung, den er nun zurück­fordert, soll ich ihn zurückgeben?« »Zö­gerst du!« »Nein, aber ich wollte dich davon nur unterrichten.« Sie führte ihn in das Schlafgemach und zog das weiße Tuch von den Leichen weg. »Meine Söhne!« jammerte der Vater. »Ich war euer Vater, aber ihr lehrtet mich das Ge­setz.« Die Mutter drehte sich um und weinte. Sie ergriff endlich die Hand ihres Gatten und sagte: »Erinnere dich, was du vorhin gesprochen, die uns anver­trauten Güter wurden zurückgefordert. « »Der Herr hat sie uns gegeben, der Herr hat sie uns genommen, der Name des Herrn sei gelobt!« Er wiederholte die letzten Worte und war beruhigt.